Stadt Land Fluss {re:coded}
Stadt Land Fluss bietet Besuchern die Möglichkeit in virtuelle Welten abzutauchen und zeigt womit sich die Studenten am Mediencampus tagtäglich befassen.
Ein Beitrag von Isabella Roscher
Donnerstag, 24. Dezember 2015
Interactive Media Design
Die Ausstellung des Mediencampus im Museum Fechenbach vom 29. Oktober bis 22. November in Dieburg fand bereits zum zweiten Mal statt, diesmal unter dem Motto „Stadt Land Fluss {re:coded} – Von der Realität zur Virtualität und wieder zurück“. Ziel der Ausstellungsreihe ist, Dieburgs Bewohner und den Mediencampus enger zusammenzubringen. Die Besucher können sich mit zukünftigen Medien wie Virtual Reality vertraut machen. Für Studierende ergibt sich gleichzeitig die Möglichkeit, eigene Projekte auszustellen und diese einem breiten Publikum zu präsentieren.
Aus dem Studiengang IMD nahmen zwei Projekte an der Ausstellung teil: „Project GO!“, eine digitale und dynamische Stadtchronik, die zuletzt auch einen Preis auf dem Future Award gewann und „Waldbewusst“, eine interaktive Simulation für Kinder, denen so spielerisch der Kohlenstoffzyklus erklärt wird.
Die Ausstellung wurde von Studierenden geplant und organisiert. Sie entstand im Rahmen eines Electives unter der Leitung von Klaus Schüller und Prof. Sabine Breitsameter, die hier im Interview ein paar Hintergrundinformationen verrätt:
Wie lange gibt es die Ausstellung schon und wie hat alles angefangen?
Die Ausstellung wurde zum ersten Mal im Jahr 2014 durchgeführt. Das ganze geht zurück auf einen Kontakt, den ich mit dem Bürgermeister von Dieburg durch Zufall bekommen habe. Als ich einmal bei einer Veranstaltung neben ihm gesessen habe, fragte er mich: „Frau Breitsameter, ich habe gehört, dass Sie schon sehr viele Ausstellungen und internationale Veranstaltungen gemacht haben. Könnten Sie sich denn vorstellen, dass Sie so etwas auch hier in Dieburg mit dem Hintergrund machen, dass wir die Stadt Dieburg und ihre Bewohnern mit dem Campus und seinen Studierenden näher zusammenbringen, so dass die sich einfach besser kennenlernen können?“
Ich fand das eine tolle Idee und habe sie dann weiterverfolgt. Die Bedingungen unter denen wir ausstellen können stellten sich als optimal heraus. Es gibt nicht nur ein wunderbares Museum in einem ganz arg schönen Gebäude, sondern auch sehr hilfreiche Museumsmitarbeiter, die uns sehr unter die Arme greifen. Die Arbeitsbedingungen waren toll. Zum Schluss führt noch das wahnsinnig dankbare Publikum dazu, dass man diese Idee weiterverfolgt und sich die Ausstellungsidee immer stärker etabliert.
Was kommen für Besucher, sind das hauptsächlich Studierende oder auch viele Dieburger?
Also die Ausstellung hat in diesem und im vergangenen Jahr die meisten Zuschauer generiert, die überhaupt je in so einem Zeitraum von knapp 4 Wochen im Museum waren. So viele Zuschauer gabs noch nie in einer Ausstellung im Museum Dieburg. Also ich glaube das spricht für sich selbst.
„Von der Realität zur Virtualität und wieder zurück“ – Wie kann man diesen Untertitel verstehen?
Also, wir müssen uns ja überlegen, an wen wendet sich die Ausstellung. Die wendet sich an die ganz normalen Menschen, die mit interaktiven Medien, überhaupt mit Medien, mit virtueller Realität, gemischter Realität und was wir da alles für Begriffe haben, eigentlich noch nie so richtig was zu tun gehabt haben. Das sind eigentlich interessierte Leute, die haben auch oftmals ihr Smartphone, die haben auch ihr Internet, die benutzen das auch, und die sind sogar sehr interessiert, aber natürlich haben die andere Berufe und andere Hintergründe. Sie kommen immer wieder in Berührung mit Begriffen, mit Phänomenen, die sie aber gar nicht selber erleben können.
Und das sind dann so Schlagworte. Virtualität, was ist das eigentlich? Virtual Reality, da hört man ja auch manchmal ganz gruselige Sachen von. Das sind dann so Bereiche, das stellen sich die Menschen dann vielleicht so vor, wo dann ein Mensch so reintritt, und dann weiß er gar nicht, ist das jetzt Realität oder ist das gar nicht echt, oder kommt man da irgendwie auch wieder raus. Wird man da manipuliert? Ist das schädlich für die Bildung oder die Persönlichkeitsentwicklung? Also all diese Fragen kreisen ja da in den Köpfen der Menschen, die mit solchen Dingen eben nichts zu tun haben und für die das eine fremde Welt ist.
Viele Menschen, das kennt man vielleicht aus dem eigenen Familienkreis, empfinden ja die Medien als etwas, „Oh, da trau ich mich nicht so richtig ran, das ist mir fremd, und da mach ich noch was falsch, was muss ich da jetzt machen, dass das nicht verkehrt ist, damit ich nix kaputt mache, und damit ich die Erfahrung kriege, die ich auch wirklich dann bekommen soll“. Und genau da wollen wir ansetzen.
Und das machen wir natürlich, indem wir die Menschen mit den Exponaten ganz eng in Kontakt bringen. Also es ist nicht so gemeint, dass man das Exponat dann betrachtet, und in gebührender Distanz wahrnimmt, sondern dass man eigentlich möglichst dicht rangeht. Dafür standen dann immer unsere Studierenden dabei und haben dann erklärt und Gesprächsangebote gemacht, haben die Leute dann auch durchgeführt. Beim Interaktiven war es dann ein bisschen leichter, weil da konnten die Leute dann eben tatsächlich selbst agieren und interagieren, was natürlich auch ziemlich spannend war.
Und dann eben auch die Ehrfurcht vor dieser virtuellen Welt zu verlieren, weil man erfährt wie das grob funktioniert?
Ganz genau. Und da war immer der Sonntag ganz besonders erfolgreich. Da kamen immer ganze Familien, also Vater, Mutter, zwei Kinder. Die haben sich dann irgendwann so ein bisschen zerstreut. Dann sind die Kinder dahin, Vater dahin, Mutter dahin usw. und haben das dann entdeckt und so wirklich den ganzen Tag dort verbracht. Und ich habe das manchmal so ein bisschen schmunzelnd beobachtet, wenn sie sich dann gegenseitig fotografierten, um den Familienausflug zu dokumentieren. Anschließend wurde meistens auch noch unser Fragebogen ausgefüllt, was ihnen am besten gefallen hat und welches Exponat soll ihres Erachtens nach den Preis bekommen solle.
Ah, es gab dann am Ende auch einen Preis?
Ja, das war der Nachwuchspreis Medienkultur der Stadt Dieburg. Der von der Sparkasse gestiftete Preis wird von der Stadt Dieburg übergeben.
Wie ist das für die Studenten, die jetzt eventuell mitmachen wollen? Kann sich jeder mit einem eigenen Projekt bewerben, wie wird das ausgewählt?
Genau. Also das Ganze ist natürlich thematisch orientiert. Wir wollen eine konsistente thematische Erfahrung aufbauen, es soll ein großes Ganzes geben. Gleichzeitig haben wir aber auch das Thema so offen gewählt, dass wir nicht so ganz eng sagen können „du nicht, du nicht, du nicht, nur du“. Eigentlich waren wir da auch recht offen. Und dann ist es natürlich auch so, dass wir auf den Platz achten müssen. Das Museum ist zwar schon groß, aber auch nicht riesig. Also muss man da natürlich auch auswählen, und auch gucken was zusammen passt. Auch dass man ein Programm hat, das ein bisschen Abwechslung bietet. Nur Filme wäre auch blöd, nur interaktive Sachen wären natürlich auch nicht so die Erfahrung. Obwohl wir haben schon ziemlich viele interaktive Sachen gehabt muss ich sagen.
Und dann kommen natürlich die Studierenden aus dem Team. Das machen nicht wir Seminarleiter Herr Schüller und ich, sondern wir sagen zu den Studierenden: „Bitte geht rum, und sucht euch Sachen aus, wir besprechen die jetzt mal intern, dann wählt ihr gemeinsam aus, und dann laden wir auch die Leute nochmal ein, die etwas ausstellen wollen.“ Die Aussteller müssen sich ja der Sache ja auch widmen, sie müssen das also auch wollen und ihre Sachen während der Ausstellung erklären.
Das hat ziemlich gut funktioniert muss ich sagen. Die Aussteller waren dann eigentlich doch immer gut vor Ort und haben erklärt und ihre Sache auch mitvertreten. Also das kommt dann alles dazu, und so entsteht fast schon ein natürlicher Prozess, in dem manche auch sagen „Ach nee, das ist mir dann zu viel!“, manche sagen, „Oh, meine interaktive Sache ist doch noch nicht so ganz fertig und kracht immer zusammen, das mach ich dann lieber mal nicht.“ Und wir sagen dann aber auch, vielleicht ja im nächsten Jahr. Also aufgeschoben ist auch nicht aufgehoben in diesem Fall.
Sie haben es gerade schon gesagt, es gibt immer ein Thema, was war denn das Rahmenthema dieses Jahr?
Beim letzten Mal hieß es Station Heimat. Diesmal Stadt Land Fluss recoded, und recoded heißt eben, durch die Augen der Digitalen Medien. Wie nehmen wir da unsere Umwelt, unseren Alltag, das was wir gewohnt wahrnehmen, wie nehmen wir das wahr, indem wir sozusagen mit den Digitalen Medien an die Sache rangehen.
Worauf kann man sich im nächsten Jahr freuen, ist da schon etwas geplant?
Ja, da ist schon was geplant, aber wir sind jetzt noch nicht in der Planungsphase, in der wir sagen können, was es da ganz genau gibt. Aber das Ganze hat sich jetzt verstetigt. Der Bürgermeister von Dieburg hat uns eingeladen, dass wir jetzt jedes Jahr so etwas machen. Wir haben uns vorgenommen, dass wir im nächsten Jahr noch direkter mit den Leuten aus Dieburg arbeiten möchten und überlegen uns dazu noch ein Konzept.
Das reizt uns natürlich, weil wir immer wieder sehen, wie interessiert die Besucher sind. Sie fragen uns auch immer „Ja kann man das auch bei Ihnen mal ein bisschen näher lernen?“ Dieses Jahr hat das nicht so gut gepasst, aber vor allem im vergangenen Jahr haben wir mit Schulklassen einiges getan, auch in diesem Sommer hatten wir im Vorfeld der Ausstellung mit Schulklassen kooperiert und haben festgestellt, die sind wahnsinnig interessiert. Wir möchten das jetzt auch ein bisschen mehr mit der Ausstellung selbst zusammenbringen.
Gibt es dann zukünftig vielleicht auch Workshops?
Das könnte sein. Aber das kann ich jetzt noch nicht sagen, weil das ist ein ungelegtes Ei. Wir denken da aber wirklich in alle Richtungen der Beteiligung.
Vielen Dank für das Interview.