Teddy lernt sprechen: Interactive Media Design-Studierende entwickeln intelligente Alltagshelfer
Im Sommer 14 eröffnet der Studiengang IMD ein neues Forschungs- und Entwicklungsgebiet: Das Internet der Dinge. Die ersten Projekte werden hier vorgestellt.
Ein Beitrag von Nico Damm
Sonntag, 15. Februar 2015
Interactive Media Design
Wenn Andrea Krajewski ihr Smartphone bedient, kommt ihr vieles gar nicht so intelligent vor, wie es der Name des Geräts verheißt. „Warum soll ich eigentlich alle meine Mails sofort lesen?“, fragt sich die Professorin, die an der h_da im Bereich Design von Mediensystemen forscht. Ein wahrlich intelligentes Telefon, ist Krajewski überzeugt, zeige seinem Nutzer nur die Nachrichten, die für ihn im Augenblick wirklich wichtig sind.
Ihr Wunsch: eine intelligente Umgebung mit vernetzten Gegenständen, die den Mensch im Alltag wirklich unterstützen, statt ihn mit noch mehr Bildschirmen und Tönen zu nerven. Diese Vision wird ‚Internet der Dinge‘ genannt und ist laut Krajewski im Moment das neue große Thema in der Gründerszene. Grund genug für die Professorin, es erstmals in den von ihr geleiteten Studiengang Interactive Media Design zu integrieren: 17 ihrer Studierenden entwickelten im vierten Semester neue Geräte, die das Leben ihrer Besitzer leichter machen sollen.
Sufio soll Blinden und Sehbehinderten im Alltag helfen
‚Sufio‘ etwa ist ein Mini-Computer, der an den Schlüsselbund passt und dabei hilft, bestimmte Gegenstände zu finden. Dinge, die man immer dabei haben will – wie etwa Geldbeutel oder Brille – stattet man hierfür mit einem kleinen Sender aus, den man
dann via Bluetooth orten kann. Das Gerät reagiert auf Sprachbefehle. Der Name ‚Sufio‘ steht für Suchen-Finden-Organisieren und soll vor allem Blinden und Sehbehinderten im Alltag helfen. Nähert man sich dem gesuchten Objekt, sagt ‚Sufio‘ den verbleibenden
Abstand und die Richtung an. ‚Sufio‘ kann man beibringen, welche Gegenstände ich für welche Aktivität brauche“, erklärt Teodora Ananieva, die den Alltagshelfer gemeinsam mit drei ihrer Kommilitonen entwickelt hat. Will die Besitzerin etwa zur Arbeit gehen, kann das Gerät sie an den Taschenkalender und den Mitarbeiterausweis erinnern – auf Wunsch per Kalenderfunktion auch regelmäßig.
Den Partner über eine große Distanz hinweg spüren
Auch für Fernbeziehungen haben die Studierenden etwas parat: ‚Juno‘ besteht aus zwei weißen Kunststoff-Sphären von der Größe eines Fußballs, die über das Internet miteinander verbunden werden können. Über ‚Juno‘ soll der Partner sich in verschiedenen
Intensitätsstufen bemerkbar machen können. Berührt einer der Partner die Kugel, fängt
das Gerät auf der anderen Seite an zu leuchten. Auch Geräusche und Bewegungen werden übertragen – aus Gründen des Datenschutzes stark verfremdet.
„Es geht darum, die Nähe des Partners zu spüren und nicht um Kontrolle“, sagt Andrea Krajewski. Wie andere Erfindungen im Bereich ‚Internet der Dinge‘ soll der Beziehungshelfer intuitiv zu bedienen sein. Deshalb funktioniert ‚Juno‘ vor allem über Berührung, bei der sogar der Puls der Liebenden gemessen und übertragen wird. Die Schnelligkeit des Pulsschlages wird über pulsierendes Licht und Farben versinnbildlicht. Professorin Krajewski bescheinigt Geräten wie Juno ein „Riesenpotenzial“. Deshalb soll das Thema Internet der Dinge fester Bestandteil des vierten Semesters des Studiengangs werden. Dass beim Entwickeln der Datenschutz mitgedacht werden muss, wurde den Studierenden während ihrer Arbeit rasch klar. Die Lösung: Bei ‚Sufio‘ setzten sie auf eine lokale Speicherung von Daten, bei ‚Juno‘ auf die Verfremdung von aufgenommenen Signalen.
Und ‚Teddy‘, ein Kuscheltier mit eingebauter Kamera und Mikrofon, nimmt Geräusche und Bilder nur dann auf, wenn er danach gefragt wird. Anschließend verfremdet er die Fotos sehr stark. „Teddy soll die gesamte Kindheit in einer Art Märchenbuch dokumentieren“, sagt Mit-Entwickler Erdem Turan. Idealerweise soll dann ein solches Buch von gleich mehreren Familienmitgliedern entstehen, weil der Teddy – wie bei vielen Kuscheltieren üblich – weiter vererbt wird.
Ob die Studierenden die Projekte weiterentwickeln, ist noch unklar. Damit in Zukunft aus Prototypen auch konkrete Produkte werden können, könnte sich Krajewski ein ‚Ermöglichungsbüro‘ an der h_da vorstellen, um gute Ideen weiterverfolgen zu können. „Denn bis zur Marktreife ist es oft nur noch ein kleiner Schritt.“
Nico Damm
Der Text ist in der aktuellen Ausgabe der Hochschulzeitung campus_d (Seite 13) erschienen.