The Design of Everyday Things
Was macht gutes Design eigentlich aus?
Und: Warum du niemals zu blöd für eine Waschmachine bist. (Buchclub-Rezension)
Ein Beitrag von Sarah Lerch und Silvio Lepszy
Dienstag, 11. Februar 2020
Interactive Media Design
Im Alltag ist jeder ständig von Dingen umgeben, die von Menschen entwickelt wurden. Von Türen, über Waschmaschinen bis hin zu komplexen technologischen Geräten, wie einem Smartphone.
Warum gutes Design den Nutzer in den Mittelpunkt stellt und dieser niemals zu dumm für ein Produkt ist, erklärt Don Norman in seinem Buch „The Design of Everyday Things“.
Der Autor
Don Norman ist Direktor des Design Labs an der University of California, San Diego. Außerdem ist er Mitbegründer der Nielsen Norman Group und Ehrenprofessor an der Tongji University in Shanghai. Nach seinem Studium der Elektotechnik und Psychologie, arbeitete er unter anderem als Vizepräsident bei Apple und im Vorstand bei HP. Heute hilft er Technologieunternehmen dabei, ihre Produktlinien und Geschäftsmodelle neu zu strukturieren. Dabei setzt er seinen Schwerpunkt auf Design Strategien: Wie können Designer unter Anwendung von Design Thinking Methoden Innovationen innerhalb eines Unternehmens vorantreiben?
Er ist Autor mehrerer Bücher im Psychologie und Usability Bereich. Dies ist die Buchvorstellung seines fünften Buchs „The Design of Everyday Things“ (Original: 1988. Überarbeitete Version: 2013).
Dinge des Alltags
Fast jeder ist sicherlich schon gegen eine Tür gelaufen, weil man dachte, sie ließe sich durch Drücken öffnen und hat den kleinen Aufkleber „Ziehen“ erst im Nachhinein gesehen.
Türen, bei denen man nicht auf Anhieb weiß, wie sie zu öffnen sind, gehen auch dem Buchautor Don Norman auf die Nerven. So sehr, dass solche Türen mittlerweile auch als Norman Doors bezeichnet werden. Norman Doors besitzen Design Elemente, die dem Nutzer falsche Signale zur Bedienbarkeit geben, sodass schließlich eine spezielle Beschilderung notwendig ist, um die vorgesehen Funktionsweise zu verdeutlichen. Ohne diese Zeichen kann der Nutzer nur erraten wie die Tür funktioniert.
Alle Dinge des Alltags können die gleichen Problematiken haben wie eine Norman Door. Wenn der Nutzer lange überlegen oder ausprobieren muss, wie ein Produkt funktioniert, führt das häufig zu Frustration. Diese lässt sich mittels guten Designs vermeiden.
Was ist gutes Design?
Die Entscheidung darüber, ob ein Gegenstand gut gestaltet ist, liegt laut Don Norman nicht in einer schönen Optik, sondern in einer selbsterklärenden Benutzungsoberfläche.
Demnach enthält ein Alltagsgegenstand, wie beispielsweise ein Backofen, zu dessen Inbetriebnahme eine Bedienungsanleitung benötigt wird, tiefgreifende Fehler im Design. Im Gegensatz dazu, verfügt ein Objekt über gelungene Designelemente, wenn sich die Anwendung dem Benutzer auf Anhieb erschließt.
Um ein gutes Design zu schaffen, sollte ein Produkt die fünf Grundprinzipien der Interaktion erfüllen:
Affordances
Ein Stuhl kann alleine hochgehoben werden, ein Sessel hingegen nur mit Hilfe einer weiteren Person. Affordances bestimmen, welche Interkationen für den Nutzer möglich sind. Sie existieren, müssen aber nicht zwingend sichtbar sein.
Signifiers
Signifiers zeigen dem Nutzer, wo eine Interaktion genau stattfinden kann. Dazu zählt jedes wahrnehmbare Signal, welches das erforderliche Verhalten kommuniziert (Schilder, Lesezeichen). Signifiers können aber auch wahrnehmbare Affordances sein, wie z.B. ein Türgriff.
Constrains
Bewusste Einschränkungen helfen dem Nutzer zu verstehen, wie ein Produkt funktioniert. Aus einem IKEA Bett lässt sich beispielsweise keine Küchenzeile bauen, denn jede Schraube passt nur in bestimmte Löcher und die meisten Teile nur an eine bestimmte Stelle. Constrains helfen Nutzern auch, sich an Dinge zu erinnern, wie beispielsweise ein Dokument am PC zu speichern, wenn sie dieses schließen. Andere wiederum schützen Nutzer vor unüberlegten Handlungen. Mikrowellen schalten sich beispielsweise ab, wenn die Tür geöffnet wird, sodass es zu keinem Stromschlag kommt.
Mappings
Um eine intuitive Benutzung zu erleichtern, sind räumliche Übereinstimmung des Layouts von Bedienelementen und des zu steuernden Gerätes von Bedeutung. Ein gutes Beispiel dafür ist das Lenkrad im Auto. Wird es nach links gedreht, fährt das Auto nach links und umgekehrt. Lichtschalter in einem Saal haben häufig kein gutes Mapping, denn deren Anordnung stimmt nicht mit der der vorhandenen Lichtquellen überein.
Feedback
Viele kennen die Situation: Man steht vor einem Aufzug und drückt mehrfach auf den Knopf, als ob dadurch beeinflusst werden könne, dass der Aufzug schneller in die gewünschte Etage fährt. Das ist ein Beispiel, warum Feedback wichtig ist. Ein System sollte den Nutzern zeigen, dass es die Anfrage gerade bearbeitet wird.
Neben theoretischem Wissen zu Interaktionen und Produkteigenschaften, schreibt Don Norman in seinem Buch auch darüber, welche Methoden dabei helfen Probleme zu beheben und sich in den Nutzern hineinzuversetzen. Dazu zählen Design Thinking und Human Centered Design Methoden.
Design Thinking
Wenn der Anwender Probleme bei der Nutzung eines Produktes hat, neigen Designer häufig dazu, dem Nutzer die Schuld zu geben, statt nach den Ursachen für die Schwierigkeiten zu fragen. Um mögliche Barrieren aufzudecken, kann Design Thinking genutzt werden. Eine Methode davon ist beispielsweise das mehrfache Fragen von „Warum?“. Stellt man etwa fünfmal hintereinander die Frage „Warum?“ wie ein kleines Kind, kommt man häufig bei dem eigentlichen Kernproblem einer Bedienungsschwäche an. Diese Erkenntnis kann der Designer anschließend in die Verbesserung des Produktes einfließen lassen.
Human Centered Design
Bei einem nutzerzentrierten Design, dem Human Centered Design, wird der Anwender in den Mittelpunkt gestellt und das Produkt nach dessen Wünschen und Bedürfnissen entwickelt. Hierbei ist es wichtig, die Anwender beim Nutzen des Produktes zu beobachten. Durch ihre Handlungen und Äußerungen lassen sich mögliche Probleme und Schwachstellen des Produktes erkennen. Da die Anwender meist selbst nicht genau wissen, was sie eigentlich wollen, ist bei der Auswertung und Beobachtung psychologisches Denken gefordert.
Fazit
Erlebnisse bestimmen, wie sich Menschen an ihre Interaktionen erinnern. Sie übertragen ihre so entstandene Einstellung auch auf die Marke des Produkts. Deshalb ist es unter anderem wichtig, dass Designer angenehme Erlebnisse schaffen und nicht nur hübsche Produkte gestalten. Kann ein Nutzer ein Produkt intuitiv und ohne Schwierigkeiten nutzen, steht dies laut Don Norman für ein gelungenes Design, welches den Nutzer in den Mittelpunkt stellt. Der Designer darf hierbei niemals vergessen, dass er Produkte nicht für sich und nach seinen Ansprüchen, sondern für normale Menschen in deren Alltag entwickelt.