DePerspektiven: Inwiefern könnte das Metaverse die Identität (un)bewusst manipulieren/beeinflussen?
Ein Electiveprojekt von Simon de Vries, Veronika Haidarow und Jessica K. Sikora
Sommersemester 2022
Betreuende Dozentin: Andrea Krajewski
Identität
Die Identität eines Menschen bildet sich aus verschiedenen Wahrnehmungen, der subjektiven Innenwahrnehmung, der gesellschaftlichen Außenwahrnehmung und persönlichen und gesellschaftlichen Bedürfnissen.
Die Bildung einer Identität ist ein Prozess aus Selbstreflexion und Authentizität. Diese Authentizität wird durch eine feste Eigenwahrnehmung geprägt, die aus eigener Treue und dem eignenden Gefühl besteht. Dabei ist diese an Freiheit und Privatsphäre gebunden.
Menschen entwickeln eine Identität um individuell und gleichzeitig gesellschaftlich akzeptiert zu sein. Eine ganze Persönlichkeit, trotz inneren und äußeren Widersprüchen, zu werden und zu bleiben, ist das Ziel.
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Metaverse
Der Begriff „Metaverse“ kommt von der dystopischen Science-Firction Novel „Snow Crash“ von Neil Stephenson (1992). In dieser haben Menschen eine Ablenkung gefunden im Metaverse, der computergenerierten 3D-Umgebung, in der sich die Spielenden mit Avataren bewegen. Entwickler können kleine Straßen selber bauen und damit die Hauptstraße erweitern. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt; ob Gebäude, Parks oder Schlachtfelder – alles ist erlaubt.
Metaverse wird heutzutage gesehen als ein ausgedehntes Netz von persistenten, in Echtzeit gerenderten 3D-Welten und -Simulationen, das von einer unbegrenzten Anzahl von Nutzenden synchron erlebt werden kann.
Der Mensch ist dadurch in der Lage sich eine digitale Existenz aufzubauen, welcher keiner (derzeitigen) Grenzen gesetzt ist. Ein sozialer Mikrokosmos entsteht.
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Meta und das Metaverse
Die hier aufgeführten Punkte wurden anhand eines Keynotes von Mark Zuckerberg ausgearbeitet.
#MIXEDREALITY
Das Metaverse wie die wirkliche Welt aufbauen. Wie wir wirklich Dinge erleben und miteinander umgehen. Objekte können realistisch und in Echtzeit reagieren. Digitale Objekte können in die reale Welt projiziert werden und andersrum.
Ein „Homespace“ soll das eigene Zuhause abbilden und wird durch Dinge ergänzt, die nur virtuell möglich sind. Dadurch wird ein Abbild der realen Welt mit digitalen Komponenten ergänzt und eine Mixed-Reality-Experience entsteht. Die reale Umgebung wird erkannt, um sie im Metaverse zu nutzen/mit ihr zu interagieren, z. B. kann man Klavierspielen auf dem eigenen echten Klavier im Metaverse.
#GADGETS
Entwicklung einer Brille, die Gesichtsausdrücke in Echtzeit mit Sensorik erkannt & im Metaverse ausgedrückt. Ein Handschuh, der eine Steuerung durch Gedanken ermöglicht. Neuronale Singnale werden abfangen und interpretiert. Handinteraktionen werden natürlich wiedergegeben. Die Verwendung eines Mikrofons bindet die eigene Stimme realistisch ein.
Die Darstellung der Mimik und Körpersprache durch ein Ganzkörperavatar verstärkt das Präsenzgefühl der Nutzenden und verbindet sie mit der digitalen Welt. Fotorealistische Avatare sollen fotorealistisch modifizierbar sein. Es gibt verschiedene Frisuren, Tattoos, Styles und vieles mehr. Unterschiedliche Avatar-Typen sollen für unterschiedliche Kontexte entwickelt werden: ein fotorealistischer für die Arbeit, stilisierter zum Abhängen oder eine Fantasy-Version zum Spielen.
Das Ziel ist es für so viele Entwickler wie möglich ein Business im Metaverse zu realisieren. In Form von: Objects, Services oder Worlds können viele eine Verdienstmöglichkeit finden. Neue Besitzmodelle und Berechtigungen im Metaverse, wie z. B. NFTs oder exklusive Produkte, erweitern das Businessmodell.
Die Digitalisierung geht diesmal nicht zu schnell voran. Es dauert noch einige Jahre bis das Metaverse gebaut wird. Menschen sollen keine Bedenken haben, denn das Metaverse wird nicht überraschen. Interfunktionsfähigkeit, offene Standards, Datenschutz & Sicherheit soll von anfang an im Metaverse dabei sein. Meta will für Transparenz sorgen und Technologie bauen, um Menschen zu verbinden. Der Mensch steht im Zentrum der Technologie.
Pro Metaverse
- Eine Person kann ihre wahre Identität ausleben, für die sie sich in der realen Welt schämt oder sich nicht traut, diese zu zeigen
- körperlich eingeschränkte/behinderte Personen haben die Möglichkeit, ihren Alltag „normal“ zu leben
- Partner einer digitalen Beziehung/Fernbeziehung haben die Möglichkeit Nähe aufzubauen und immersiv Zeit miteinander zu verbringen
- bietet eine Möglichkeit dem Alltag vollständig zu entfliehen und abzuschalten, da man in ein anderes Leben schlüpft, anstatt sich mit negativen Gedanken & Problemen zu befassen
Contra Metaverse
- Daten können noch erfolgreicher gesammelt und missbraucht werden
- Hardware für VR-Environment ist sehr teuer, nicht alle können sich das leisten
- Gefahr vor starkem Realitätsverlust/keine klare Grenze zwischen Realität & Digitalem, zwischen dem realen & digitalen Ich
- erhöhter Energieverbrauch durch die Server, die das Metaverse rund um die Uhr online halten
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Backup von allen Avataren ermöglicht einen einfachen Identitätsdiebstahl, je immersiver das Erlebnis und je realer mein digitales Ich aussieht, desto schlimmer sind die Auswirkungen
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ohne Backup verschwindet das gesamte digitale Leben innerhalb von Sekunden und die Motivation zur Verwendung fällt stark
- kann sehr schnell eskalieren/dystopisch werden, beispielsweise durch die Kopplung von realem Körper & digitaler Welt, digitale Konsequenzen werden auf den realen Körper übertragen (wenn ich online sterbe, dann auch in der realen Welt)
- Meinungsfreiheit könnte leiden, Zensur im digitalen Raum ist einfacher umzusetzen als in der realen Welt
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wenn alle mitgestalten können, besteht die Gefahr vor sehr brutalen und schwierigen Ecken (z.B. The Purge Welt)
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wenn nur einige diese digitale Welt „regieren“, wer wählt diese aus und hat die Macht über das Metaverse?
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Privatisierung: Wer hat Zugang zu meinen Daten?
Metaverse und Identität
Realitätsverlust
Dadurch, dass man sich im Metaverse vom „realen“ Körper trennen kann, verändert sich die subjektive Innenwahrnehmung. Das kann zum Verlust der Selbstkontrolle, Selbstaufmerksamkeit, Selbstbeurteilung und Selbstkategorisierung führen. Es wäre daher möglich, dass man den digitalen Körper als „realen“ Körper wahrnimmt. Dies wäre dann der Fall, wenn sich die Innenwahrnehmung der Nutzenden enorm verändert hat und der Bezug zum eigenen Selbst im Metaverse stärker ist. Durch das Aufbauen eines neuen
Lebens und das Sammeln neuer Erfahrungen in einer digitalen Umgebung, könnten Nutzende die reale Welt von der digitalen Welt nicht mehr richtig differenzieren.
Selbstwahrnehmung
Charaktereigenschaften von Personen sind in kurzer Zeit schwierig zu beeinfl ussen. Dennoch wäre es möglich, dass auf längere Zeit eine Veränderung des eigenen Selbstbilds und der gesellschaftlichen Außenwahrnehmung entsteht. Auch persönliche und gesellschaftliche Bedürfnisse würden sich dadurch verändern. Die Person würde daher in der realen Welt anders reagieren und handeln.
Ein weiterer wichtiger Faktor der Identitätsbildung ist die Authentizität einer Person. Die Authentizität geht wiederum aus der Eigenwahrnehmung hervor, die sich im Metaverse drastisch ändern kann. Vor allem, wenn Personen der „realen“ Welt entfl iehen wollen. Dadurch, dass der digitalen Welt nahezu keine Grenzen gesetzt sind, kann sich die Eigenwahrnehmung in alle Richtungen entfalten – positiv als auch negativ. Das wirkt sich auch auf die Identität aus. Viele verschiedene Kulturbilder treffen im Metaverse aufeinander. Demnach könnte sich eine neue, noch extremere „Hybridgesellschaft“ bilden. Diese würde aus anderen Bedürfnissen bestehen, die einen positiven oder negativen Einfluss auf die Außenwahrnehmung und somit auf die Identität haben könnten.