DePerspektiven – Glücksspiel Tiktok
Ein Beitrag von Marie Hinrichs
Was ist TikTok?
TikTok ist eine Social-Media-Plattform, auf der Nutzende kurze Videos erstellen und teilen können. Die Inhalte reichen von Musik und Tanz über Comedy bis hin zu diversen anderen Ausdrucksformen. Die Plattform ist sehr beliebt. Vor allem junge Menschen verbringen oft mehrere Stunden am Tag mit TikTok. Hinter der langen Verweildauer stecken jedoch gezielte Taktiken, die von TikTok ganz bewusst eingesetzt werden.
Apropos länger auf der Plattform halten:
Teenager zwischen 13 und 18 Jahren verbringen durchschnittlich mehr als 8 Stunden täglich mit Unterhaltungsmedien. Was sie in dieser Zeit nicht tun: sich bewegen, sich begegnen, kreativ sein, sich auseinandersetzen, langweilen und spüren, was sie wirklich tun möchten. Das hat enorme Auswirkungen.
Was sind Dark Patterns?
TikTok verwendet sogenannte Dark Patterns, um Nutzende so lange wie möglich auf der Plattform zu halten. Dark Patterns sind manipulative Designmuster, die Nutzende zu einem Verhalten verleiten, das eigentlich nicht in ihrem Interesse liegt, sondern zum Vorteil der Plattformbetreiber genutzt wird.
Dark Patterns auf TikTok:
Endloses Scrollen (Infinite Scroll):
TikTok nutzt das Konzept des endlosen Scrollens, bei dem neue Inhalte kontinuierlich geladen werden, ohne dass Nutzende eine klare Grenze oder ein Ende sehen. Dies führt dazu, dass sie oft mehr Zeit auf der Plattform verbringen, da sie immer wieder neue Videos sehen und dadurch die Zeitwahrnehmung verlieren.
Rewards:
Nutzende erhalten auf TikTok Belohnungen für bestimmte Aktionen. Zum Beispiel wenn sie die Plattform weiterempfehlen. Das führt dazu, dass sie TikTok an Freunde weiterempfehlen obwohl dies vielleicht gegen ihr eigenes Interesse spricht, nur um die Belohnung zu erhalten. Ein Jackpot für TikTok um weitere Nutzer*innen auf die Plattform zu holen.
Hervorheben von „Trends“:
Zeitlich begrenzte Trends oder Challenges werden durch TikTok bewusst hervorgehoben. Das Hervorheben erzeugt dabei ein Gefühl der Dringlichkeit, das Nutzende dazu verleitet, schnell teilzunehmen oder sich Inhalte ansehen zu müssen, um nicht ausgeschlossen zu werden. Dies erhöht zusätzlich ihre Nutzungshäufigkeit und Verweildauer auf der Plattform.
Default Einstellungen (Opt-Out statt Opt-In):
Bestimmte Einstellungen wie personalisierte Werbung, personalisierte Feeds und personalisierte Suche sind standardmäßig aktiviert. Nutzende müssen erst aktiv werden, um diese auszuschalten (Opt-Out). Viele lassen diese Einstellungen aus Bequemlichkeit oder Unwissenheit unverändert, was zu einer verstärkten Sammlung und Nutzung ihrer Daten führt.
Intermittierende Verstärkung:
TikTok nutzt das Prinzip der intermittierenden Verstärkung, um Nutzende an die Plattform zu binden und ihre Verweildauer zu erhöhen. Nach diesem Prinzip können zufällige Belohnungen ein Verhalten verstärken und zu höherer Motivation führen, dieses fortzusetzen. Die Motivation ist am größten, wenn die Belohnungen variieren und unvorhergesehen auftreten. Dieser Mechanismus ist besonders bekannt aus dem Glücksspiel, beispielsweise bei Slot-Maschinen. TikTok nutzt das Prinzip genauso wie im Glücksspiel: Es zeigt zufällig Videos an, die einem gefallen, aber auch solche, die einem weniger zusagen. Dadurch, dass man als Nutzer*in nicht weiß, ob das nächste Video witzig oder langweilig ist, ist die Motivation deutlich höher, weiter zu scrollen. (Rat für Digitale Ökologie, 2024)
Langfristige Veränderungen im Gehirn:
Dopamin ist ein Neurotransmitter, der im Gehirn die Kommunikation zwischen bestimmten Nervenzellen erleichtert. Es wird ausgeschüttet, wenn wir beispielsweise Sport treiben, aber auch, wenn wir ein lustiges TikTok ansehen. Schauen wie allerdings sehr viele TikToks in kurzer Zeit, kommt es zu einer Überstimulation des Dopamin-Systems. Das kann ärgerlicherweise nicht nur dazu führen, dass wir extrem motiviert sind, weitere Inhalte zu konsumieren. Es kann auf Dauer auch zu langfristigen Veränderungen im Gehirn kommen. Durch die Überstimulation wird die Dichte der Dopaminrezeptoren im Gehirn reduziert, sodass Betroffene immer mehr Videos konsumieren müssen, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Ein Teufelskreis und eine Abwärtsspirale zugleich. (Rat für Digitale Ökologie, 2024)
Fazit:
Die Betreiber von TikTok tragen eine enorme Verantwortung für ihre Nutzer*innen, besonders wenn durch die Plattform nachweislich Menschen süchtig werden, sich durch die Nutzung ihre Gehirnstruktur verändern kann und sie langfristige Schäden erleiden. Es ist meiner Meinung nach überaus verantwortungslos von TikTok, diese suchtfördernden Dark Patterns zu verwenden und die Nutzenden nicht einmal darüber aufzuklären. Minderjährige können diese App ohne Aufklärung und Warnung herunterladen und nutzen, obwohl sie ähnliche Mechanismen wie Glücksspiel verwendet.
Quellen:
Karg, F. (2023, 18. Juli). TikTok – Wenn Algorithmen süchtig machen: Gefahren erkennen, Kinder sensibilisieren. AIM-Akademie. Abgerufen am 14. Juli 2024, von https://www.aim-akademie.org/aktuelles/aimblicke/tiktok-wenn-algorithmen-suechtig-machen-gefahren-erkennen-kinder-sensibilisieren.
Rat für Digitale Ökologie. (2024). Abhängig von TikTok & Co.: Wie Social-Media-Algorithmen die Mechanismen des Lernens ausbeuten und auf die Gehirnentwicklung junger Menschen einwirken. Rat für Digitale Ökologie.