Albion ist eine spekulative Design Fiktion über Transhumanismus und Sport in der Zukunft.
Ein Bachelorprojekt von Alessa Klinger
7. Semester, 2019
Betreuende Dozenten: Prof. Andrea Krajewski und Prof. Claudius Coenen
Interactive Media Design
Filme und Bücher über mögliche Zukunftsszenarien prägen unsere kollektiv empfundenen Zukunftsbilder. Wir leben in einer „Hypermedialisierung“. Dabei reflektiert die Populärkultur nicht mehr die Wirklichkeit, sondern gestaltet sie. Diese unbewusst aufgenommenen Eindrücke aus Film, Literatur und Social Media führen zu einem verzerrten Zukunftsbild. Albion ist eine Wanderausstellung über die Zukunft des Sports und unserem gegenwärtigen Meinungsbild zum Transhumanismus. Durch Albion ist es Ausstellungsbesuchern möglich, ihre gegenwärtigen Zukunftsbilder zu hinterfragen.
Der spekulative Ansatz ist bewusst provozierend und soll nicht nur Fragen, sondern auch Augenbrauen erheben. Mit Albion sollen Diskussionen über unser Verhältnis zum Transhumanismus aufkommen. Die Themen Sport und Olympia bilden dabei den thematischen Hintergrund. Gezeigt werden vier spekulative Welten, die in der Zukunft an den transolympischen Spielen mit Sport Enhancements teilnehmen.
Speculative Design
„Design vermittelt(…) soziale Bedeutung im Kontext von neuen sozialen-, wirtschaftlichen- , technologischen- und medialen Bedingungen“
Erstmals wurde der Begriff “Critical Design” geprägt vom Head of the Design Interactions Department at the Royal College of Art, Anthony Dunne. Er beschreibt das Critical Design als eine Auseinandersetzung mit der Ästhetik des Einsatzes neuer Technologien im Kontext von Elektronik
Possible-World-Theory
Diese Theorie wird verwendet, um eine detaillierte Darstellung zwischen der derzeitigen Realität und einer weit entfernt scheinenden Utopie zu knüpfen. Die possible-world-theory versucht, einen dynamischen Zusammenhang zwischen den zwei Welten herzustellen um so einen Dialog über die Möglichkeiten der Zukunft zu schaffen. Dies ist besonders wichtig, um naturwissenschaftliche, politische und sozialökonomische Kontroversen auf Anwendbarkeit zu überprüfen.
Viele Projekte des Critical Design beschäftigen sich mit einem provozierenden Übertreiben einer Idee. Dabei führt die bewusst herbeigeführte Entfremdung des Objekts aus unserem bekannten Anwendungskontext zu einem verminderten Fokus der Funktionalität.
Die Welten
Spectrum City
Spectrum City ist eine Dystopie und dem heutigen kapitalistischen System am nächsten.Würde dieses System ohne Regulierung durch staatliche Prozesse immer weiter an Toleranz gewinnen, wäre ein totalitäres privatisiertes Weltsystem die Folge. Dabei fällt die Unterscheidung zwischen Bürger und Konsument weg. Das durch Fördergelder und wirtschaftlichen Wachstum technologisch perfektionierte System bieten den höchsten Lebensstandard aller Welten. Dieses Weltensystem ist ein Biotop an technologischem Fortschritt und Ausbauung von immer neuen Lebensraum. Im letzten Jahrhundert haben sich im ständigen Markt Wettkampf drei große Firmen durchgesetzt. Die Verantwortung über Ressourcenverwendung für die Ausbauung von Transportsystemen, dem urbanen Lebensraum und die gleichmäßige Verteilung von Arbeitsplätzen haben Algorithmen und einige wenige Systemexperten. Die Stimmung in dieser Welt ist ausgeglichen heiter. Zwar wissen die Bewohner, dass sie ihre Privatsphäre zum Preis eines gesicherten Lebensstandard aufgegeben haben, aber solange alles gut läuft und es genug Wahlmöglichkeiten gibt, werden auch keine Fragen gestellt. Die Algorithmen sind mittlerweile sowieso besser darin, schwierige Entscheidungen zu treffen, als der kleine Bürger von nebenan. Warum sollte man sich dann den Kopf zerbrechen, wenn es einem doch eigentlich ganz gut geht?
Die Megastadt Spectrum City
Bio Humanisten
Die Welt der Bio Humanisten lässt sich mit dem soziodemografischen politischen System vergleichen und befindet sich im liberalen Linken-Spektrum. Die Erde zu retten und dabei nicht weiter Ressourcen zu verschwenden, stehen hier stark im Vordergrund. Dabei leben die Bewohner in einer Symbiose mit der Natur. Mit Hilfe von biologischen Enhancements wie synthetischer Biologie und Gendesign erschaffen sie eine neue Art der Biotechnologie, die das genaue Gegenteil zur ersten Welt bildet. Um die Bedürfnisse jedes Bewohners zu erfüllen, produzieren sie ihre eigene erneuerbare Energie. Sie sehen sich als Teil eines biologischen Ganzen und erweitern ihren Körper und die Natur in dem Maße, dass das Ökosystem mit ihren Lebewesen nicht gefährdet wird. Sie leben in kleinen Wander- Kommunen. Ihre Häuser sind lebendig und produzieren durch Muskelkontraktion ihre eigene Wärme. Die Bewohner sind zum größten Teil Bauern, Gärtner und Gendesigner. Durch einen zwischenmenschliches-Vertrauen-basiertes Wertesystem werden Gärten, Küchen und Bauernhöfe geteilt genutzt und ersetzen so das marktgetriebene Wirtschaftssystem und ihre Fabriken und Werkstätten. Forscher wie Neri Oxman beweisen, dass es in Zukunft mehr Biotechnologie in der Architektur oder der Mode geben wird, mit Hilfe von synthetischer Biologie.
Bio Komunen mit lebenden Häusern
Evolutionisten
Die Welt der Evolutionisten ist besiedelt von anarchischen Hedonisten. Sie bilden ein Sammelsurium für all jene, die keinen Platz in den anderen Welten finden und die Freiheit lieben. Die Evolutionisten schwören jedem körperlichen Zusatz ab und setzen auf bloße Kraftausübung und Brutal Force. Sie glauben an die Evolutionstheorie Darwins. Es gibt kein Regierungssystem und keine Regeln. Nach dem Robin-Hood-Prinzip stehlen sie das, was ihnen zum Leben fehlt von den Reichen und geben es den Armen. Sie haben kein kollektives Ziel und sind nicht an Fortschritt interessiert. Durch ihre fehlenden Strukturen und Organisationen leben sie in ständiger Angst um Energieknappheit. Da das erste Weltensystem weite Teile des urbanen und landschaftlichen Raums privatisiert hat, leben die anarchischen Hedonisten im Untergrund in nicht mehr genutzten alten U-Bahnstationen und Tunneln. Ihre Technologien bestehen meist aus gecrackten alten Geräten und DIY-Genhacking.
AI-Arbeitervolk
Die vierte und letzte Welt lässt sich am besten mit der autoritären Linken vergleichen. Alle Macht gilt hier dem Staat und dessen Oberhaupt. Dieser perfekt organisierte kleinere Staat trainiert seit Jahrzehnten eine vollumfängliche singularische KI. Die Bevölkerung wird dazu angehalten, den technologischen Fortschritt zu ehren, auch wenn das bedeutet, dass über die Hälfte der Bevölkerung für den Staat angestellt ist und Jobs wie KI-Architekt oder KI-Troubleshooter annehmen müssen. Die Bewohner leben ein sehr einfaches, aber erfülltes Leben. Propaganda-Geräte in jedem Haushalt liefern täglich neue Geschichten über den Staat. Sie sind stolz auf ihre hochintelligente KI und ihren kleinen Arbeitsanteil, den sie zum großen Ganzen beitragen. In dieser Welt haben Maschinen einen höheren Wert als das Leben des einfachen Bürgers.
Artefakte
Oxygen Fertilizer
Der Oxygen Fertilizer ist ein biomechanisches Enhancement zur erhöhten Oxygen- Aufnahme während der Sauerstoffaufnahme. Er verlängert die Zeitspanne des Langstreckenläufers, im aeroben Bereich zu laufen. Durch ausreichende Oxygen-Versorgung der Muskeln kommt es nicht zur Übersäuerung der beanspruchten Muskeln. Der Oxygen-Fertilizer muss unter Vollnarkose in einem chirurgischen Eingriff bei dem Athleten eingesetzt werden. Mit Hilfe einer Sonde und einem Mini-Greifer wird der Oxygen Fertilizer in die Luftröhre gepresst, bis er knapp oberhalb der Schlüsselbeine sitzt und nicht mehr verrutschen kann. Der Oxygen-Fertilizer kann in den Größen A (1,5 cm) bis F (2,5 cm) eingepflanzt werden, je nach Kapazität der Luftröhre. Der innere Teil des Oxygen-Fertilizer wird verbunden mit einem 5 mm großen Luftröhren-Loch. Im Training oder während des Wettbewerbs wird der innere Teil mit einem flexiblen gallertartigen Schlauch verbunden. Der Athlet trägt ein Halsband mit einer Oxygen- Konserve verbunden. Der Schlauch verbindet den Oxygen-Tank mit dem Oxygen-Fertilizer.
Das Artefakt Oxygen Fertilizer
Biosuit Fat Camel
Die Biosuit Fat Camel ist ein Mutationsverfahren. Dabei wurden Kamel DNA-Sequenzen separiert, die das Wachstum von einem fettspeichernen Höcker ermöglichen. Das Höckergewege ist durchsetzt mit fettspeichernen Gewebezellen, die es dem Kamel möglich macht, über lange Zeit ohne Nahrung oder Wasser zu überleben, indem es von seinem erweiterten Energiespeicher zehrt. Diese DNA wird in Farmen gezüchtet und dann mit dem Gewebe des Athleten verbunden. Um seinen Körpermittelpunkt nicht zu verschieben, sitzt das Bioenhanchement als beutelhafte Auswölbung knapp über dem Hüftbecken auf dem Rücken. Der Athlet ist so in der Lage, anstatt 8000 Kalorien 15000 Kalorien Körperfett zu speichern, was bei ausreichendem Training zur langfristigen Erhöhung der aeroben Schwelle führt. Dabei kann der Körper während des gesamten Laufes in Ketose versetzt werden, welches eine energieeffizientere Art des Laufens ist und der Glukose Vorrat des Laufers so fast unangetastet bleiben kann.
Im Labor: Fat Camel Artefakt
Electric Eel Warrior
Der Electric Eel Warrior ist eine Innovation der Evolutionisten. Durch fragwürdige Experimente und mehreren Toten hat eine Gruppe jugendlicher Techno-Punks nun einen Ganzkörperanzug entwickelt. Ihr Anführer hat so die Teilnahme an den trans-olympischen Spielen erlaubt. Der entworfene Laufanzug entspricht zwar nicht den Sicherheitsstandards des Komitees, allerdings gibt es auch keine alternative Anmeldung aus dieser Welt. Da die trans-olympischen Spiele vor allem dazu dienen, weltliche Spannungen untereinander abzubauen, erlaubte das Komitee die Anmeldung.
Das Ganzkörper-Outfit besteht aus schweiß-absorbierenden und Wärme-ausgleichenden Nylon. In das Outfit verwebt sind 16 Elektroden-Pads. Diese Elektroden-Pads geben im Sekundentakt Stromstöße an die Beinmuskulatur ab, so dass zusätzliche Sprungenergie während der Abrollphase des Fußes freigesetzt werden kann. Durch die zusätzlich ausgeübte konstante Spannung auf die Beinmuskulatur ist der Gluteus maximus (Waden – und Schienbeinmuskulatur) unnatürlich geschwollen und braucht die doppelte Zeit zur Recovery.
Electric Eel tragbar an einem Laufanzug
Artefakt Electric Eel Warrior
Weiterführende Links
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