Durch synthetische Bakterien kann man mit Arôme gezielt seinen Körpergeruch verändern und dadurch verführen, sich wohlfühlen oder jemanden abwimmeln.
Das Bachelorprojekt von Natalie Eberle und Isabella Roscher
9. Semester, 2019
Betreuende Professoren: Andrea Krajewski und Garrit Schaap
Interactive Media Design
Was ist Arôme?
Für Singles in Flirtsituationen ist Arôme ein olfaktorisches Beauty-Produkt, das attraktivitäts- und selbstbewusstseinssteigernd wirkt. Es gibt drei Wirkungen: Verführung, Wohlfühlen und Abwehr. Arôme hebt sich von Deodorants oder Parfums ab, indem es den eigenen Körpergeruch nicht verfälscht und gezielt Emotionen hervorruft.
Arôme ist ein fiktives Produkt, das aus dem für viele Menschen abstrakten Thema „Synthetische Biologie“ ein konkret vorstellbares Zukunftsszenario schafft.
Es bildet eine Grundlage, um über Vor- und Nachteile sowie moralische Grenzen dieser neuen Technologie zu diskutieren.
Wer benutzt Arôme?
Arôme ist interessant für junge Single-Frauen, im Alter von 18 bis 28 Jahren, die gelegentlich auf Dates gehen. Der Single-Anteil in dieser Altersgruppe ist besonders hoch, jeder Zweite hat keinen festen Partner. Sie gehören den letzten Jahrgängen der Millenials und der Generation Z an, die sich unter anderem dadurch auszeichnen, dass sie keine Angst vor Technik haben und nicht mehr zwischen der „realen“ und „virtuellen“ Welt trennen. Online-Anwendungen und smarte Technik-Assistenten sind ein völlig organischer Teil ihrer Lebenswelt. Die jungen Erwachsenen haben kein Problem damit, sich auf Technologie zu verlassen – selbst was Entscheidungen intimer Angelegenheiten betrifft.
Verführung
Welche Düfte setzt Arôme für Verführung ein? Für ein gelungenes Date ist sich gegenseitig Aufmerksamkeit schenken eine wichtige Voraussetzung. Hierfür können anregende, aufmerksamkeitssteigernde Aromen wie Minze, Rosmarin und Zitrone eingesetzt werden. Außerdem gibt es den synthetischen Stoff „Iso E Super“ und Methyldihydrojasmonat, die menschliche Pheromonrezeptoren aktivieren.
Wohlfühlen
Viele Menschen sind auf einem Date besonders aufgeregt. Folgende Düfte nehmen einem die Nervosität und sorgen dafür, dass man sich auf wohlfühlt: Der Duft von Gardenien, Thymian, Lavendel und Melisse. Ein weiterer Ansatz ist die Blockade des Rezeptors für Angstpheromone.
Abwehr
Falls man auf einem Date bedrängt oder belästigt wird, oder einfach kein Interesse an der anderen Person hat, es jedoch schwer fällt, dies verbal auszudrücken, kann Arôme mit seiner Abwehr-Wirkung helfen.
Es wird kein unangenehmer Duft verwendet, denn als Anwender von Arôme möchte man zwar vertreibend wirken, jedoch ohne dabei selbst zu stinken.
Wenn eine Duftkonzentration – sogar ein angenehmer Duft – zu stark ist, spricht sie den Schmerznerv „Nervus trigeminus“ an.
Dieser Schutzmechanismus des Körpers, der eigentlich zum Entdecken giftiger und gefährlicher Stoffe dient, eignet sich hervorragend für die Abwehrwirkung von Arôme.
Der Flakon
Der Flakon ist gefüllt mit der Flüssigkeit (Medium), in der sich die synthetischen Bakterien zum Produzieren der Düfte befinden. Das Medium darf keinen Alkohol enthalten – anders als es bei Parfum der Fall ist – da dieser die Bakterien abtöten würde. Stattdessen beinhaltet es eine Energiequelle, wie z.B. Zucker und Spurenelementen, die zum Überleben der Bakterien benötigt werden.
Das Hautinterface
Das Hautinterface kann man sich wie ein kleines, aufklebbares, mit technischen Raffinessen bestücktes Tattoo vorstellen. Mit ihm werden die aufgetragenen Bakterien situationsgerecht entweder aktiviert oder inaktiv gehalten. Dadurch kann man selbst entscheiden, welche Wirkung von Arôme in dem gewünschten Moment greifen soll. Das Hautinterface befindet sich beim Kauf auf dem Flakon und kann nach jeder Benutzung dort aufbewahrt werden.
Geste
Um den verführenden Duft zu aktivieren, wird mit einem Finger eine streichende Geste auf dem Hautinterface ausgeführt, welches mit Hilfe nicht spürbarer elektrischer Signale die gewünschte Wirkung an die Bakterien unter den Achseln weitergibt. Diese Bewegung ist angelehnt an sanftes Streicheln über die Haut, welches mit Intimität und Zweisamkeit in Verbindung gebracht wird.
Sound
Nach der Aktivierung erwärmt sich die Stelle, an der das Tattoo klebt, so erkennt man auch nach einiger Zeit ob die Wirkung noch aktiv ist. Außerdem erklingt einmalig ein auditives Feedback als Bestätigung. Dadurch kann man versichert sein, dass die richtige Wirkung ausgelöst wurde. Dieser Klang ist angelehnt an die Wirkung und nur für die Person hörbar, die Arôme nutzt, da er als Vibration an den Schädelknochen weitergeleitet wird.
Woraus besteht der Prototyp?
Das Konzept des fiktiven Produkts Arôme wird in Form eines multi-sensorischen Provocatypes ausgestellt. Dieser Prototyp befindet sich im Setting einer romantischen Bar und besteht aus einem Virtual Reality Device, einem Arduino mit Tastern, die das Hautinterface simulieren und einem Duftspray.
Man begibt sich auf ein virtuelles Date und kann über das Hautinterface die verschiedenen Wirkungen ausprobieren. Diese werden an der Reaktion des virtuellen Gegenübers deutlich.
Am Ende stellt sich die Frage: Würdest du Arôme benutzen? Oder findest du, es geht zu weit und ist Manipulation?
Was ist ein Provocatype?
Der Begriff setzt sich aus „provokativ“ und „Prototyp“ zusammen und gehört zum Bereich des Speculative Design und Design Fiction. Ein Provocatype ist nicht gleich zu setzen mit einem „guten“ Produkt. Vielmehr ist sein Ziel, eine Diskussion zu eröffnen, zum Beispiel zu kontroversen Technologien und dem Ausloten ethischer Grenzen.
Da Synthetische Biologie kontrovers diskutiert wird, jedoch gleichzeitig für viele Fachfremde ein sehr abstraktes Thema darstellt, bietet ein Provocatype die Möglichkeit, sich über die ethischen Grenzen dieser Technologie auszutauschen. Durch das Visualisieren und Erlebbarmachen zukünftig denkbarer Technologien, wird das zuvor Abstrakte nun konkret und ermöglicht es jedem an der Diskussion teilzunehmen.