DistanSense adressiert das Problem der Verletzung des persönlichen Raumes und des mangelnden Bewusstseins für die Mitmenschen in der Umgebung.
Marie Hinrichs
6. Semester, 2024
Betreut durch Max Studanski, Andreas Schindler und Prof. Tsunemitsu Tanaka
Interactive Media Design
Beschleunigung
Alles begann mit einer Zugfahrt zur Arbeit. Dabei fielen mir zwei Dinge auf: Um uns herum passiert extrem viel in sehr kurzer Zeit und die Menschen nehmen ihre physische Umgebung kaum noch wahr. Zwischen diesen beiden Dingen fand ich einen Zusammenhang – die Beschleunigung. Dahinter steckt mehr als ein Tritt auf das Gaspedal. Es geht um ein Leitbild, welches sich über Jahrtausende in unser Denken eingebrannt hat und sich bis heute in unserem Handeln widergespiegelt: Wachstum bedeutet, immer mehr in immer kürzerer Zeit zu erreichen.
Klingt zunächst logisch, für Start-ups mag es der Schlüssel zum Erfolg sein, aber für unser Miteinander? Was darunter leidet, ist der bewusste Moment. Der bewusste Moment, jemandem zuzuhören, jemanden anzusehen, zu fühlen, jemanden wahrzunehmen. Wenn jeder einzelne für sich rennt, um zu wachsen, dann schrumpft das WIR.
Enges Rennen
Zurück am Bahnhof. So viele Menschen wie dort rennen wirkt es von außen betrachtet wie ein Marathon, den jeder einzelne versucht zu gewinnen. Der Pokal ist ein Sitzplatz im Zug, die zehn Minuten mehr auf der Couch auf dem Weg nach Hause oder der zufriedene Chef, weil man es doch noch pünktlich zum Meeting geschafft hat. Das Rennen ist eng, nicht nur metaphorisch, sondern auch physisch. Im Marathon wird man häufig knapp überholt, dabei auch gerne angerempelt. Gut fühlt sich das nicht an, wenn der persönliche Raum verletzt wird. Aber den sieht ja auch niemand, oder doch?
Unsichtbares im Raum sichtbar machen
DistanSense adressiert das Problem der Verletzung des persönlichen Raumes und des mangelnden Bewusstseins für die Umgebung in überfüllten öffentlichen Bereichen wie Bahnhöfen. Durch Projektionen wird der persönliche Raum jeder Person in Form eines Kreises auf dem Boden des Bahnhofs sichtbar gemacht. Dieser persönliche Raum schrumpft, je näher sich die Personen kommen. Dadurch erkennen sie nicht nur, wie viel Raum ihnen gerade wirklich zur Verfügung steht. Sie können außerdem erkennen, wenn sie selbst oder jemand anderes ihnen Raum nimmt.
Rücksichtsvolles Verhalten
DistanSense soll dazu anleiten, Platz zu halten und Rücksicht zu nehmen, indem es das eigene Bewegungsverhalten und das anderer widerspiegelt. Dadurch entsteht ein Gefühl dafür, wie viel Distanz genug ist und wie nah zu nah ist. Daraus entwickelt sich ein Bewusstsein für das eigene Verhalten und die soziale Wahrnehmung wird verbessert. Denn ein Bahnhof ist ein öffentlicher Ort den wir uns teilen. Und wenn wir ihn fair teilen wollen, müssen wir nicht nur auf uns selbst, sondern auch aufeinander achten.