Hat Interaktion eine Form?
Und wenn ja, wie viele?
Ein Bachelorprojekt von Ali Haidari, Nicholas Konrad und Alexander Korolkov
7. Semester, 2022
Betreuender Professor: Prof. Tsunemitsu Tanaka
Interactive Media Design
Ziel unserer Bachelorarbeit war es, heraus zu finden ob Interaktion eine Form besitzt und ob sie physisch umgesetzt und kommuniziert werden kann.
Der Versuch, Interaktion in eine physische Form zu bringen, geht davon aus, dass Interaktion ein Aspekt, ein Merkmal oder Charakteristik eines Objektes ist. Die Weitläufigkeit der Anwendungsmöglichkeiten der von Gros & Steffen, im Offenbacher Ansatz, definierten Grundbegriffe der Produktsprache nach sollte es eine Möglichkeit geben, eben diese Charakteristik der Interaktivität genauso darzustellen wie andere semantische Merkmale oder funktionale Anzeichen, anhand derer ein Produkt vonseiten der Nutzenden interpretiert werden kann. Ein Scheitern dieses Versuchs bedeutet, dass sich Interaktion nicht in eine physische Form verpacken lässt und somit das Verständnis von Interaktion als eine Charakteristik eines Objektes fehlerhaft ist. Es stellt sich daher die Frage, was Interaktion im Rahmen der Gestaltung ist.
Interaktion wird hier nicht als die Bereitschaft eines Objektes oder Systems beschrieben, die auf Nutzenden eingeht, sondern wird mit dem Nutzungsakt durch diese selbst gleichgesetzt. Interaktion ist daher zeitbasiert und äußert sich im Gegensatz zu über Zeit gleichbleibenden Charakteristiken bzw. Funktionsanzeichen herkömmlicher Produkte nicht physisch, sondern formt mit dem Voranschreiten der Interaktion einen Prozess, der sich in seiner konkreten Ausgestaltung dynamisch ergibt. Die gestalterische Theorie wird mit dem Versuch, Interaktion sichtbar zu machen, damit aufgrund der Unvorhersehbarkeit der konkreten dynamischen Interaktionsentwicklung bzw. der situativ bedingten Prozesse vor eine Probe gestellt. Abhängig von den Interaktionspartnern, den Rahmenbedingungen und dem zu gestaltenden Objekt selbst werden keine zwei Nutzungsdurchläufe identisch verlaufen. Die Form der Interaktion scheint unantastbar.
Zu Beginn der vorangehenden Forschungsarbeit wurde die These überprüft, ob Interaktion in der Erscheinung analoger Objekte kommuniziert wird. Digitale Interfaces hingegen wurden in dieser Arbeit noch nicht untersucht. Während es wie bereits erläutert bei Objekten nicht möglich ist, die gesamte Interaktion in physischer Form darzustellen, bestehen im digitalen Raum hier andere, flexible Mittel, die bei dieser Visualisierung helfen können. Rogers, Sharp & Preece (2002) erstellten ein Modell, das alle Aktivitäten bei der Handhabung eines digitalen Interfaces einer nutzenden Person in vier Kategorien einteilt. Sie stellen dabei aber auch klar, dass mehr als eine Zugehörigkeit zu einer einzigen Kategorie möglich sind:
Instructing basiert auf der Idee, dass User Anweisungen geben. So zählt dazu beispielsweise das Eintippen verbaler Kommandos, Optionen von Menüs auswählen, Kommandos einsprechen, Knöpfe drücken oder die Nutzung von Tastenkombinationen. Diese Kategorie ist die Art, Interaktion am schnellsten zu begünstigen.
Conversing basiert auf der Idee, dass Nutzende eine Konversation mit dem System führen — ganz so als ob sie mit einer anderen Person kommunizieren würden. Früher war es vornehmlich Textbasierend sowie mit Clippy von Microsoft, heute sind Sprachassistenten wie Siri, Google Home, Alexa etc.
Manipulating basiert auf der Idee, dass Nutzende dazu befähigt werden, ihre Umgebung von virtuellen Objekten zu verändern und somit die Umgebung zu navigieren. Diese Vorstellung geht davon aus, dass die virtuelle Umgebung bestimmte Ähnlichkeiten mit der physischen hat, damit User ihr Wissen zu der Handhabung physischer Objekte einsetzen können, wenn es um die Handhabung virtueller Objekte geht.
Exploring basiert auf der Idee, dass das System Information bereitstellt, in einer Weise strukturiert sind, die Usern erlaubt, Dinge zu erfahren oder zu erfahren, ohne dass explizite, spezifische Fragen an das System gestellt werden müssen.
Ausgangspunkt der Forschungsarbeit war, dass Interaktion nicht produktsprachlich in der Form der Dinge verkörpert ist. Ausgehend davon sind wir des Weiteren auf die Erkenntnis gekommen, dass man Interaktionen keine konkrete Form geben kann. Das Einzige, was unter dem Deckmantel einer Form verborgen werden kann, ist der Prozess der Interaktion. Dafür müssen vorher spezifische Dinge verinnerlicht werden. Wenn wir von Interaktion sprechen, sprechen wir in einem Rahmen von Interaktionspotenzialen, Objekten, Prozessen, Zielen, Wahrnehmung und Nutzung.
Interaktion ist aus der Sicht von Objekten nämlich die Art und Weise, wie eine nutzende Person mit dem Objekt interagiert. Das Objekt ist also in dem Sinne nicht interaktiv. Aus der Sicht einer nutzenden Person sind Objekte nur interaktiv, wenn man eine Interaktion mit ihnen eingeht. In dem Sinne besitzen Objekte das Potenzial für Interaktion basierend auf die aktive Wahrnehmung der Objekte im Kontext des Erreichens ihrer Ziele.