KAHU ist das System zum bewussten Erinnern für trauernde Jugendliche, die eine wichtige Bezugsperson verloren haben.
Ein IoT-Projekt von Jessica Hammer, Philipp Kaltofen, Alessa Klinger und Silvio Lepszy
4. Semester, 2018
Betreuende Dozenten: Prof. Andrea Krajewski, Prof. Tsunemitsu Tanaka, Dr. Stefan Voigt, Prof. Claudius Coenen, Sebastian Fritzsche, Martin Haas und Thomas Zebis
Interactive Media Design
Mittels eines modernen Schreins, der wichtige Erinnerungsstücke aufbewahrt, sowie eines Armbandes, welches die Präsenz des Verstorbenen im Alltag repräsentiert, wird der Weg des trauernden Jugendlichen erleichtert.
Bei dem Verlust einer Bezugsperson wird die gewohnte innere und äußere Welt von Jugendlichen durcheinandergeworfen. Sie müssen sich nicht nur mit neuen, unbekannten Alltagssituationen auseinandersetzen, sondern dem Verstorbenen auch einen neuen Platz in ihrem Leben geben. Die Entwicklung der Rolle des Verstorbenen im Kopf des Hinterbliebenen ist ein essenzieller Aspekt der Trauerbewältigung. KAHU setzt an dieser Stelle an: Es hilft dabei, den Verstorbenen als inneren Begleiter zu etablieren.
Der Nutzer aktiviert den Schrein mithilfe des Armbandes. So wird eine Assoziation der beiden Objekte an das bewusste Erinnern an den Verstorbenen geschaffen und der Inhalt des Schreins sicher verwahrt. Die aktive Auseinandersetzung mit der neuen Lebenssituation und dem Bewusstwerden des Todes hilft beim Trauerprozess.
Das Armband bietet im Alltag einen Anker, der den Nutzer bei einer Überwältigung von Gefühlen oder Flashbacks wieder beruhigt. Wie der Nutzer sich erinnert ist ihm überlassen – die individuelle Natur des Trauerns lässt es nicht zu ein einheitliches System dafür zu entwickeln. KAHU bietet lediglich die Stütze und den Ansporn, sich als jugendlicher Hinterbliebener mit dem Tod der Bezugsperson auseinanderzusetzen.
Die vielen neuen, überwältigenden Gefühle müssen wahrgenommen und durchlebt werden.
Um den Alltag jedoch zu bestehen, kann es helfen einmal ruhig zu atmen und das Erinnern auf einen besseren Zeitpunkt zu verschieben.
Wird das Armband gedrückt, antwortet es mit sanften pulsieren und aufleuchten. Die enge Assoziation mit den Erinnerungsstücken vermittelt unterbewusst: „Ich bin immer noch bei dir. Du schaffst das.“
Der Tote bekommt einen neuen Platz. Er wohnt nicht mehr im bekannten Zuhause, sondern bekommt seinen physischen Platz auf dem Friedhof.
Für Jugendliche ist dieser Ort jedoch unzugänglich und negativ belastet.
Der Schrein gibt dem Verstorbenen einen angemessenen Platz im Leben des Nutzers. Er enthält die schönen Erinnerungen an sein Leben, nicht an seinen Tod.
Wenn das Wearable in den Schrein eingelassen wird, aktiviert sich dieser. Um es Einzulassen gibt es eine feste Schnittstelle, die das Armband mit einem Magneten an sich zieht. Das Wearable gibt ein visuelles Feedback und leuchtet auf.
Metaphorisch gesehen erwacht der Verstorbene im Wearable und wandert in den Schrein über. Der Schrein lässt sich nun öffnen und die Erinnerungsstücke herausnehmen. Das Ritual des „übertretenden Geists” ist wichtig, um sich psychisch bereit zu machen, sich für den Erinnerungsprozess zu öffnen und vom Alltag abzuschalten.
Nach einer bestimmten Zeit, beziehungsweise wenn der Nutzer das Ritual selber beenden will, läuft dieser Prozess wieder rückwärts ab. Das Licht des Schreines wandert in das Armband und der Verstorbene kann wieder „mitgenommen“ werden.
Die feste Zeit, nachdem das Ritual sich selber beendet, gibt dem Nutzer einen klaren Abschluss des Erinnerungsrituals. Auch wenn es vom Benutzer beendet wird, in beiden Fällen wird die Auseinandersetzung mit dem Tod des Verstorbenen bewusst für den Moment abgeschlossen. Somit können wieder andere Dinge im Leben eine größere Präsenz einnehmen.
Durch das bewusste Erinnern und Gedenken, idealerweise immer zur selben Tageszeit, entsteht ein Ritual und hilft Flashbacks im Alltag zu vermindern. Erinnerungen werden so weniger unkontrolliert und heftig getriggert, sondern bewusst hervorgerufen und können dementsprechend besser verarbeitet werden. Durch die Verbindung dieser beiden Objekte wird ein System geschaffen, was es ermöglicht das Wearable fest mit dem Verstorbene zu verbinden, obwohl es keine Erinnerungen hervorruft.